Sportfotografie ist eine Spielart der Reportage-Fotografie und gute Sportfotografie erfordert nicht nur fotografisches Wissen, sondern auch eine gute Portion Wissen über die Sportart selbst. So sind viele der guten Sportfotografen im alpinen Ski-Sport auch gute Kenner des Ski-Rennsportes und wissen daher auch genau, wo sie sich entlang einer Rennstrecke positionieren müssen, um spektakuläre Aufnahmen machen zu können.

Selbes gilt aber auch für American Football, denn auch dort ist Wissen über den Sport selbst eine Grundvoraussetzung für gute Sportaufnahmen. Wir können uns noch gut an eine Situation erinnern, als ein Sportfotograf einer namhaften Agentur, der üblicherweise Fußball fotografiert, plötzlich American Football fotografieren musste, zur Gänze überfordert war, da er keine Ahnung hatte, wie ein American Football Spiel abläuft und auf was es bei den Bildern ankommt. Wie ein Schatten verfolgte er uns, um irgendwie zu brauchbaren Bildern zu kommen, um seinen Auftraggeber zufriedenstellen zu können.

Richtiges Einschätzen der Spielsituation, genaues Timing und eine präzise innere Uhr, was das Betätigen des Auslösers betrifft macht diese Ball-Übergabe vom Quarterback zu seinem Runningback sichtbar.

Was macht nun das ansprechende American Football Sportfoto aus? Die Kamera? Nein, denn diese ist nur wie der Schraubenschlüssel für den Automechaniker – ein Werkzeug. Und nur wie es qualitativ hochwertige Schraubenschlüssel aus gehärteten Stahl gibt, gibt es auch qualitativ hochwertige Kameras, die ein schnelles Fokussieren erlauben, die vollen manuellen Zugriff für den Fotografen auf Belichtungseinstellungen zulassen und die Objektive aus hochwertigem Glas bieten, die kaum optische Abbildungsfehler haben.

Mitten drinnen im Geschehen, obwohl zwischen der Frontlinse des Objektivs und den Spielern mehr als 20 Meter Raum ist. Eine Teleobjektiv macht dies möglich. Damit jedoch der Hintergrund in der Unschärfe verschwimmt, der Ballträger scharf ist, ist fotografisches Wissen notwendig. Nur dieses entscheidet, wenn es um die Qualität der Bilder geht. Die Kamera ist nur das Werkzeug.

Die außergewöhnliche Sportaufnahme besticht durch andere Faktoren. Da American Football ein Kontaktsport ist, bei dem die Spieler durch ihre Helme und den Körperschutz massiv, kräftig, ja fast bedrohlich aussehen, muss dieser Eindruck auch auf einer gelungenen Aufnahme vermittelt werden. Und um diesen Eindruck gerecht zu werden, versuchen wir beim Fotografieren einen so tief wie mögliche Position einzunehmen, um die Spieler noch mächtiger erscheinen zu lassen. Wer uns bei der Arbeit zusieht, dem wird auffallen, dass wir meist knien oder sogar liegen, um diese „Power“ dieser Sportart im Bild noch zu verstärken. Und wenn noch lange und das Geschehen heranziehende Brennweiten verwendet werden erhält, der Betrachter das Gefühl, mitten am Spielfeld dabei zu sein.

Eine Voraussetzung für effektvolle Bilder ist eine tiefe Position der Kamera. Und um verwacklungsfreie Bilder zu erzielen ist eine kompakte Körperhaltung notwendig, bei der eine Hand das Objektiv von unten stützt. Eine Körperhaltung, die der Tablet- und Smartphone-Generation nicht mehr vertraut ist.

Wenn wir am Rande des Spielfeldes neben Berufskollegen stehen, dann hören wir oft ein leisen „Maschinengewehr-Geknatter“, wenn die Kollegen den Finger für mehrere Sekunden auf dem Auslöser lassen und im Dauerfeuermodus versuchen eine Spielsituation einzufangen. Oft danach enttäuscht, dass die wirklich entscheidende Situation den Bruchteil einer Sekunde davor oder danach stattgefunden hat, sind das Ergebnis dieser Reihenaufnahme. Wir haben gelernt nur einen einzelnen „fotografischen Schuss“ abzugeben, der allerdings sitzen muss. Da spielt das Zusammenspiel des genauen Kennens der eigenen Kameras eine große Rolle, da spielt Intuition eine Rolle und auch das Gefühl für die Situation ist ein wichtiger Faktor, denn nur dann kann man fast mit geschlossenen Augen, nur durch einen inneren Motor angetrieben eine Situation fotografieren, wie auch einst der japanische Samurai beim Führen seines Schwertes nicht gedacht, sondern nur gefühlt und intuitiv gehandelt hatte.

„Intuition beim Auslösen“ – entscheidend ist, genau auf den richtigen Zeitpunkt zu warten und „cool“ zu bleiben.

Auch um diese Situation einfangen zu können, war Vorausdenken von Nöten und kühles Abwägen der Situation und ein zeitlich richtiges Abdrücken. Dabei gilt es aber noch den Bildausschnitt während des Fotografierens so zu positionieren, dass weder Arme, Beine, oder andere Körperteile der beiden Hauptakteure abgeschnitten sind. Der Kameramann, die Zuschauer und auch der Schiedsrichter sind Beiwerk im Bild und verschwinden in der Unschärfe, obwohl auch diese ihren Teil am Gesamtbild beitragen. Vor allem der Schiedsrichter und der Kameramann und die Person im Hintergrund haben ihr Augenmerk auf die Spielsituation gerichtet, was auch den Betrachter dazu verleitet, seine Augen auf die Spielsituation zu richten.

Eine lustige und immer wieder kehrende Beobachtung, die wir am Rand des Spielfeldes machen, ist die seltsamen Kamerahaltung bei fotografierenden Personen. Manch einer mag sich jetzt fragen, was hat diese Haltung der Kamera mit einer gelungenen Sportaufnahme zu tun? Sie hat es, denn wird die Kamera nicht richtig stabilisiert, dann besteht durch den Einsatz von Teleobjektiven die Gefahr, dass eine Aufnahme sehr leicht verwackelt werden kann. Hier haben alle diejenigen einen Vorteil, die einen Militärdienst abgeleistet haben und dort gelernt haben mit einem Gewehr zu schießen und auch zu treffen und dazu den linken stützenden Arm so einsetzen, dass der linke Oberarm an den Körper gepresst wird und die Hand dabei das Objektiv unterfasst. Nur so kann eine Kamera mit einem schweren Objektiv ruhig gehalten werden und die Voraussetzungen für scharfes Bild sind gegeben.

Bildschärfe ist entscheidend, wenn es darum geht den Betrachter auf einen bestimmten Punkt im Bild zu leiten. Damit dies möglich ist, bedarf es einer stabilen Haltung der Kamera.

Wer ein Objektiv kauft, egal ob im Fachhandel, im Großmarkt oder über das Internet, der erhält zum eigentlichen Objektiv, noch so ein „Plastikteil“, das in manchen Fotografie-Foren als Sonnenblende bezeichnet wird, richtigerweise jedoch „Streulichtblende“ genannt wird. Dieses simple Plastikteil dient nicht zum Abdecken der untergehenden und einen Autofahrer blendenden Sonne und auch nicht zum Ausstechen der Weihnachtskekse, sondern erfüllt in erster Linie den Zweck das Objektiv vor seitlichem Streulicht zu schützen. Dieses Streulicht reduziert den Kontrast im Foto und unschöne seitliche helle Schlieren verunstalten die vielleicht sonst gelungenen Aufnahme. Diese Streulichtblende erfüllt aber noch eine zweite Funktion. Die, die American Football schauen wissen es und die, die beispielsweise Fußball, Handball oder eine andere Ballsportart kennen, können es verstehen, dass wenn sich Spieler gegenseitig über den Spielfeldrand hinaus drängen, dies mit einer ungeheuren Wucht erfolgen kann und alles was sich zu diesem Zeitpunkt in diesem Bereich aufhält, zu Bruch gehen kann. Befindet sich nun ein ungeschützter Fotograf mit seiner Kamera und ohne Streulichtblende genau an dieser Stelle, so wird auch der Fotograf und seine Kamera zu Boden gestoßen und dann ist eine ungeschützte Frontlinse das leidtragende Opfer und die Fotosession ist für diesen Tag beendet.

Mit voller Energie geht es der Endzone entgegen. In dieser Aufnahme wurde bewusst zwischen dem linken Bildrand und dem Ballträger Abstand gelassen, damit „Raum“ zum Laufen vorhanden ist. Wäre dieser Raum im Bild nicht vorhanden, dann hätte der Betrachter das Gefühl, das der Runningback blockiert wäre. So ist jedoch Raum zum Laufen und vor allem für Gedankenspiele vorhanden, denn jeder Betrachter kann sich nun selbst ausmalen, ob dieser Spielzug in einem Touchdown geendet hat oder nicht.

Wer sich heute eine Kamera kauft, sei es eine klassische Spiegelreflex oder auch eine spiegellose Kamera, von welchem Hersteller auch immer, der wird feststellen, dass es Tausende Knöpfe, Schrauben und Einstellungen gibt, die auf die Aufnahme Einfluss nehmen können. Und die Kamera Hersteller betreiben auch noch Werbung damit, dass es einen Nachtmodus gibt, einen Sporteinstellung, eine Portrait-Taste und eine „was-es-sonst-noch-so-gibt-Funktion“. All diese „Schnickschnack“ Funktionen sind nutzlos und führen in keiner Weise zu einem besseren Bild. Der japanische Kamera-Herstelle Nikon hat es hier richtig gemacht und bei seinen „Profi-Gehäusen“ diese Motiv-Funktionen weggelassen. Das was ein gutes Bild benötigt ist eine richtige Belichtung und damit das Wissen über das Zusammenspiel von Blende, Verschlusszeit und Sensor-Empfindlichkeit und welche Auswirkungen dieses Zusammenspiel auf Schärfe und bewusste gewollte Unschärfe hat. Wir fotografieren daher fast ausschließlich im reinen Manuell-Modus, wobei wir die Belichtungen je nach Situation nachjustieren, oder wir verwenden Modi, bei denen entweder die Verschluss Zeit vorgegeben wird, oder die Blende vorgewählt wird, denn nur bei diesen Einstellungen hat der Fotografie die volle Kontrolle über das endgültige Bild.

Der Ballträger in dieser Situation befindet sich nicht im Zentrum des Bildes, sondern im rechten Drittel. Durch dieses Verlagern des wichtigen Bildbereiches aus der Mitte ergibt sich automatisch ein Spannungsbogen. Um den Ballträger auch scharf abgebildet zuhaben, muss während der Aufnahme der Fokus-Punkt der Kamera sofort nachjustiert werden, ohne dass die Kamera vom Auge genommen wird.

Wer sich mit dem Metier der Fotografie auseinandergesetzt hat, der wird vielleicht wissen, dass vor etlichen Jahren, als es noch keine Digitalfotografie gab, ein beispielsweise mit Silber beschichteter Film belichtet worden ist und dieser Film wurde anschließend in einer Dunkelkammer entwickelt. Dieses daraus entstanden „Negativ“ war seitenverkehrt und auch von den Farben her, genau andersrum. Aus diesem Negativ wurde in einem weiteren Schritt in der Dunkelkammer das finale Bild auf Fotopapier generiert. Auch heute in der digitalen Fotografie entsteht eine Art von „Negativ“, dass wir korrekterweise aber nicht mit dem Film basierten Negativen von einst gleichsetzen dürfen. Unser heutiges Negativ ist eine digitale Datei, die weder direkt gedruckt noch direkt angezeigt werden kann und vom Sensor der Kamera nach jedem Drücken des Auslösers generiert wird. Wie entsteht nun das Bild, das wir gewohnt sind und am Handy oder am PC anzeigen können. Entweder lassen wir es die Kamera vollautomatisch erzeugen, oder der Fotograf macht es selbst per Hand mithilfe eines eigenen Programmes. Professionelle Fotografen machen dies immer selbst, denn nur so kann man einem Bild den letzten Feinschliff geben, so auch wir. Denn was in so vielen American Football Sportfotografien stört, ist, dass die Bilder schief sind, ein Horizont nicht horizontal ist, oder Gebäude umfallen zu drohen. Auch wenn wir immer versuchen eine Spannungsbogen im Bild zu erzeugen, indem wir das Hauptmotiv eben nicht in der Mitte platzieren, sondern im linken oder rechten Drittel, so ist es immer wieder notwendig ein Bild gerade zu richten oder zu beschneiden. Diese Korrekturen und dieser Beschnitt werten ein Bild auf, gleich wie ein schön gedeckter Tisch ein gutes Essen zu einem Erlebnis werden lässt.

Situationsaufnahme eines Touchdowns. Dieses Bild würde an Qualität verlieren, wären die „Uprights“ im Hintergrund nicht senkrecht, sondern schief, wie in vielen Aufnahmen von Amateuren. Auch Sportaufnahmen gehören ausgerichtet, sollen sie nicht lieblos und schlampig wirken.

Jede oder jeder, die oder der atemberaubende Sportaufnahmen möchte, kann dies erlernen. Es bedarf dazu etwas an grundlegendem fotografischen Basiswissen, Wissen, was in der Sportfotografie besonders ist, Wissen über den Bildaufbau und was besondere Bilder auszeichnen und Wissen über die finale Ausarbeitung der Bilder. Autodidakten können sich dazu Bücher kaufen oder einfach probieren, oder Ihr besucht eines unserer fotografischen Seminare und lasst es Euch von uns zeigen, wir Ihr geile Sportfotos machen könnt.

 

Inhalt und Foto: copyright by kunzfeld&kunzfeld photography