König Nestor lebte im 13. vorchristlichen Jahrhundert und herrschte über Messenien im Südwesten des Peloponnes und wie viele andere Könige beteiligte auch er sich an der Belagerung und letztendlichen Zerstörung von Troya. Angeblich sollen es 90 Schiffe gewesen sein, mit denen er den Kriegszug des Agamemnon unterstütze, um die schöne Helena, die entführte Frau des Königs von Sparta Menelaos zurück zu holen. So schreibt es jedenfalls Homer in seiner Ilias. Ob allerdings die heutige archäologische Stätte des „Nestor-Palasts“ mit dem Palast des Nestor von Homer gleichzusetzen ist, sei dahin gestellt. Was unumstritten ist, ist dass es sich um eine einzigartige mykenische Palastanlage handelt, gelegen auf einem Hügel etwas mehr als 10 Kilometer nördlich der heutigen Stadt Pylos.

Die Palastanlage war Teil einer Siedlung aus mykenischer Zeit und wurde vom amerikanischen Archäologen Carl Blegen entdeckt, der auch unter anderem an den Ausgrabungen von Troya und dem Zeus-Tempel bei Nemea beteiligt war, den wir auf unserer Reise ebenfalls besuchten. Und da beim Nestor-Palast hauptsächlich Lehm als Baustoff verwendet wurde, dieser aber auf lange Zeit gesehen nur bedingt haltbar ist, wurden die, aus dem Erdreich, ausgegrabenen Reste der Anlage mit einer Stahlkonstruktion überdacht, um sie vor Regen zu schützen. Lehm ist einer der ältesten Baustoffe der Welt und besteht hauptsächlich aus Sand verschiedenster sehr kleiner Korngrößen, sowie Ton, der sich bei genügend Wassergehalt gut formen lässt. Auf diese Weise konnte man Lehmziegel formen und auch gebrochene Baustrukturen wieder leicht verkitten. Und dieser Eigenschaften bedient man sich heute bei der Restaurierung und der Rekonstruktion der Anlage.

Es sind meist junge Archäologinnen, die restaurieren, rekonstruieren und konservieren. Oftmals ist es einfach die Sicherung von Mauerwerk aus Lehm, das zuerst durchfeuchtet werden muss, um die Tonanteile geschmeidig werden zu lassen, bevor heruntergebrochene Strukturen wieder mit Ton befestigt werden oder Risse ausgekittet werden. Eine Kleinarbeit, die viel Zeit verlangt und Wissen über mykenische Baustrukturen erfordert.

Detailarbeit am Mauerwerk

 

In einem anderen Teil des Palastes wurden Tongefäße gefunden, die zur Lagerung von Olivenöl und Wein dienten. Viele dieser Tongefäße sind fast zur Gänze erhalten, einige jedoch zum Teil zerbrochen. So besteht die Arbeit der Archäologinnen darin, aus den Fragmenten der Tongefäße und aus ihren Scherben wieder ein fast Ganzes herzustellen. Die Herausforderung dabei ist die Frage, welche Scherbe an welche Stelle gehört und wie die Scherben zusammen hängen, um eine perfekte Krümmung des Gefäßes zu erzeugen. Eine Meisterleistung der jungen Wissenschaftlerinnen, gleich wie die der mykenischen Töpfer, die diese Gefäße einst formten.

 

 

Eines der Highlights dieser Ausgrabung ist eine fast vollständige erhaltene Badewanne mit Ornamenten. Kleine abgebrochene Teile dieses Meisterwerks konnten gefunden werden, müssen jedoch bevor sie in Position gebracht werden, zuerst entsprechend konserviert werden. Für diese besonderen Arbeiten sind eigene Arbeitsplätze eingerichtet, ganz klassisch mit Tisch und Sessel und Licht.

Badewanne, in der der Sohn des Odysseus gebadet und eingeölt wurde

 

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