Wir sind in den letzten Wochen von vielen Freunden und Kunden gefragt worden, wie wir solch ungewöhnliche Orte wie die Ruinen der Anasazi-Indianer im amerikanischen Südwesten, wie die Steinbrücken in Zagori oder die Malereien in einem Betriebsgebäude eines ehemaligen Bergwerkes auf Sardinien entdeckt haben, wenn wir reisen. Und so fragen die Leute auch, wie wir zu den notwendigen Informationen kommen, denn in Reiseführern steht über solche Orte ja nichst geschrieben. Gibt es hier ein Geheimnis? Nein, gibt es nicht! Und aus diesem Grund möchten wir euch einmal zeigen, wie bei uns eine Reise entsteht und wie wir solche Orte auffinden.
Eine Reise beginnt bei uns nicht an dem Tag, an dem wir den Motor unseres Jeep Wrangler starten und losfahren, nein, die Reise beginnt bei uns bereits 1 oder 2 Jahre davor. Meist sind es Reportagen im Fernsehen, Artefakte aus Museen, Hinweise aus der Literatur, Gespräche mit Einheimischen und Leuten, die selbst etwas erlebt hatten. Und es sind auch unsere eigenen Reisen, die uns auf neue Gedanken bringen und in uns neue Fragen aufwerfen. So waren es bei uns beispielsweise die Besuche der archäologischen Ausgrabungen des alten Griechenlands, wie die des sagenumwobenen Mykene oder auch des alten Epidavros mit seinem gigantischen Amphitheater, die bei uns die Frage aufwarfen, woher hatten die alten Griechen der Bronzezeit und der hellenistischen Periode eigentlich das viele Kupfer als Basis für die Bronze? Und woher hatte sie das Eisen für die Bolzen und Verankerungen der Steinquader und Säulenelemente und auch für die Waffen ihrer Heere. Und woher hatten sie das viele Silber, mit dem sie die Prachtbauten bezahlten und ihre Heere und Flotten finanzierten, die das Land gegen Aggressoren schützten. Ja, woher, denn Amazon und Bitcoins gab es noch nicht und auf Lieferungen von Kupfer aus der Walchen bei Öblarn oder Eisen vom Steirischen Erzberg hätte man noch mindestens 1500 oder 2000 Jahre warten müssen. Diese Rohstoffen mussten einfach irgendwo aus der Nähe kommen, aber woher?
Um Antworten auf unsere Fragen nach der Herkunft der verschiedenen Rohstoffe zu erhalten, begannen wir als erstes nach entsprechender Literatur zu suchen und auch nach entsprechenden Quellen im Internet. Da kam mir meine frühere Mineralien-Sammeltätigkeit und die damit verbundene Kenntnis über diverse Datenbanken im Internet zugute. Dies bedeutete, Lagerstätte für Lagerstätte zu überprüfen, sie versuchen auf Google Maps ausfindig zu machen und den Literaturhinweisen der Datenbank nachzugehen. Diese teilweise sehr zeitaufwändige Methode führte nach einigen Wochen zum Erfolg. Plötzlich breitete sich vor uns ein 2500 Jahre altes Bergbaugebiet aus, das uns in dieser historischen Form nicht gegenwärtig war. Es handelte sich dabei um den ehemaligen Bergbau von Lavrio (deutsch: Laurion), der mir nur durch sensationelle Mineralfunde des 20. Jahrhunderts bekannt war, aber nicht durch Bergbauanlagen aus dem 5. vorchristlichen Jahrhundert. Dieser Bergbau war die finanzielle Basis Athens und damit die Basis für die hellenistische Kultur und lag nur 60 Kilometer vom Stadtzentrum von Athen entfernt. Aber wo genau waren diese einstigen antiken Silbergruben? Wurden sie durch den modernen Bergbau des 20. Jahrhunderts überbaut und sind sie daher „quasi“ verschwunden?
Bei unseren Literaturrecherchen stießen wir dann auf eine montan-archäologische Dissertation aus dem Jahr 2021, die den historischen Bergbau von Lavrio als Thema hatte. Diese wissenschaftliche Arbeit und vorallem der persönlichen Kontakt zur Autorin selbst – Frau Dr. Nomicos – half uns die wichtigsten antiken Bergbauorte zu lokalisieren. Einige – und das wussten wir nicht – sind heute bereits als archäologische Freiluftmuseen ausgebaut. Ein großer Teil jedoch liegt nach wie vor unberührt in der Wildnis rund um Lavrio. Neben der geografischen Suche nach alten Bergwerksanlagen war es in dieser Phase aber auch notwendig die 2500 Jahre alten Abbaumethoden und die Methoden der Aufbereitung und der Erzschmelze zu begreifen, denn nur so ließen sich solche Anlagen verstehen. Wir recherchierten über antike Gesteinsmühlen – sogenannte Kollergänge – über Erz-Waschanlagen, über antike Schmelzöfen und über die Geschichte, die mit dem antiken Bergbau von Lavrio verbunden war. Nachdem wir wussten, worauf wir in der Suche zu achten hatten, entdeckten wir auf den Satelliten-Karten alte Abbaue, Kollergänge, Waschanlagen und auch antike Werkssiedlungen, die wir mit geografischen Koordinaten markieren konnten.
Jetzt war es ein Leichtes den Weg zu den historischen Stätten zu finden. Auf diese Weise planten wir unsere Reise zu den Siedlungen der Anasazi-Indianer in Colorado und Utah, zu den vergangen Bergwerken im Death Valley, zu den Steinbrücken im griechischen Pindos-Gebirge, zu den Wasserfällen im Soca-Tal und zu vielen anderen Orten, wobei der Schlüssel immer die Planung war. Auch als Heinrich Schliemann Troja wiederfand, war Recherche und akribische Planung vorab notwendig, wobei der Motor zur Planung die Leidenschaften zu einem Thema ist. Diese Leidenschaft treibt uns an, um etwas zu erkunden. Diese Leidenschaft zu einer Sache ist die Grundvoraussetzung für unsere Reisen und bereits während der Vorbereitung „lodert dieses Feuer“. Und wie unsere Freundin die Reise-Fotografin Ulla Lohmann einmal sagte: „Nur wer eine Sache leidenschaftlich liebt, der wird diese auch intensiv erleben können und von ihr erzählen können.“
Inhalt und Foto: copyright by kunzfeld & kunzfeld photography