Wenn Erz aus dem Berg gefördert wird, dann haftet dem Erz immer eine gewisse Menge von taubem Gestein an. Deshalb ist es von Nöten, vor dem Einbringen des Erzgutes in einen Schmelzofen, dieses Erzgut vom Taubgestein zu befreien, um den Schmelzprozess nicht zu behindern. Und nicht nur heute, sondern auch bereits vor 2500 Jahren im alten Griechenland vor den Toren Athens waren sich die Bergleute dieser Tatsache bewusst und haben aus diesem Grund das Erz vom anhaftenden Taubgestein befreit. Dazu haben die Bergleute das Erzgut zuerst in einer Gesteinsmühle zu einer Art von Kies zerkleinert. Das so entstandene Gesteinsklein bestand jetzt aus kleinen teilweise fast reinen Erzstückchen und kleinen fast reinen Stückchen Taubgestein. Jetzt war es ein Leichtes das leichtere Taubgestein einfach auszuwaschen, da die schweren reinen Erzteile am Boden haften blieben. Der Schlüssel war dabei die Zerkleinerung des Erzgutes.

Kollergang bei Dimoliaki nahe Lavrio, Attica, Griechenland

 

Im antiken Lavrio erfolgte die Zerkleinerung des Erzes in eigenen Gesteinsmühlen, sogenannten Kollergängen¹. Dazu haben die antiken Bergleute in eine ebene Felsplatte eine breite Rille in Form eines Kreises von 5 bis 10 Meter Durchmesser gemeißelt und 2 senkrecht in der breiten Rille laufende quasi Mühlsteine im Kreis geführt, die mit einem Gestänge verbunden waren und in der Mitte gelagert wurden. Gab es keine ebene gesamte Felsplatte, so fertigte man den kreisförmigen Kollergang auch aus Einzelsteinsegmenten, die in ihrer Gesamtheit wiederum einen Kreis ergaben. Die quasi Mühlsteine oder auch „Läufer“ zerquetschten und zerkleinerten dann das in die Rille eingebrachte Erz. Viele dieser Kollergänge rund um Lavrio existieren heute noch, nur die einstigen Läufer sind heute verschwunden.

Kollergang bei Kepatea bei Ari, Laurion

 

Wer heute die antiken Bergbaue von Lavrio besucht, kann an einigen Stellen, versteckt in der Landschaft, solche Kollergänge antreffen. Einer dieser antiken Kollergänge befindet sich beispielsweise nördlich des kleinen Ortes Dimolaki. Dieser für die Region typische Kollergang wurde aus Einzelsegmenten gefertigt und die Mahlbahn des Kollerganges weist kleine eiförmige Taschen auf, in die der Mahlstein, wie ein Zahnrad in eine Zahnstange eingriff. Ein ganz anderer Kollergang befindet sich etwas nördlich davon in Kepatea bei Ari und wurde zur Zeit der Römer bis hin in die frühbyzantinische Zeit betrieben. Im Gegensatz zu den regional typischen Kollergängen mit ihren kleinen eiförmigen Taschen entlang der Mahlbahn, besitzt dieser Kollergang eine glatte Mahlbahn.

 

 

Neuzeitliche Erzmühle (nach https://www.goldrushnuggets.com/arrastras1.html)

 

Die Anlage bei Ari liegt abseits der Hauptstraße und nur wer ihre Existenz kennt, wird sie finden. Neben dem Kollergang finden sich dort noch eine Erz-Waschanlage und es gab weiters noch eine ganze Batterie von niedrigen Schachtöfen, um das silberhaltige Bleierz zu schmelzen. Die Öfen sind heute verschwunden, jedoch zeigen Haufen von Schlacken von der einstigen Tätigkeit. Was zur Gänze in der gesamten Umgebung von Lavrio verschwunden ist, sind die Silbertreibherde, in denen das Silber vom Blei getrennt wurde.

Wer antike restaurierte Erzwaschanlagen sehen möchte, dem sein hier an dieser Stelle ein Besuch der montanhistorischen Ausgrabung von Drymos östlich von Lavrio empfohlen, genauso wie ein Besuch der frei zugängliche Ausgrabung von Thorikos nördlich von Lavrio. Neben einer restaurierten Erzwaschanlage kann man die Größe der Gesamtanlage erahnen, befand sich in Thorikos eine riesige Werkssiedlung für die Bergleute und ein Amphitheater am Werksgelände.

 

Antike Erz-Waschanlage, Drymos bei Lavrio, Griechenland

 

Restaurierte Erzwaschanlage vor einem Amphitheater, Thorikos bei Lavrio

 

Als Schaubergwerk ausgebauter antiker Stollen, Thorikos bei Lavrio

 

In den Stein gemeisselter antiker Stollenplan, Thorikos bei Lavrio

 

Der antike Bergbau begann in Lavrio im 5. vorchristlichen Jahhundert und dauerte bis hinein in die byzantische Zeit. Aus dem in Lavrio gewonnenen Silber wurden zum größten Teil Münzen geprägt, um den Bau einer schlagkräftigen Flotte zu ermöglichen. Es waren zu dieser Zeit nämlich die Perser unter Dareios I. und später unter Xerxes I., die versuchten, Griechenland unter ihre Herrschaft zu bekommen. Diese Versuche schlugen jedoch fehl und in der berühmten Seeschlacht von Salamis 480 v.Chr. vernichteten die Griechen die riesige Flotte der Perser. Diese damals geprägten Münzen, die die Schutzgöttin Athens und auf der Rückseite eine Eule zeigen, zählt auch heute noch zu den bekanntesten Münzen der Antike. Und wer solche Münzen sehen möchte, dem sei eine Ausstellung bis 31.10.2023 im Schloss Eggenberg in Graz mit dem Thema „Eulen nach Athen tragen“ ans Herz gelegt.


¹ Nomicos, Sophia: Laurion – Montan- und siedlungsarchäologische Studien zum antiken Blei-Silberbergbau, 2021, Seite 50f.

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