Es waren die Recherchen über den historischen Bergbau von Großstübing, die uns oft zu einem bereits verfallenen Bauernhof führten. Dieser verfallene Hof, das Gehöft Hork, befand sich nämlich in unmittelbarer Nachbarschaft zu einem ehemaligen Bergbau. Gelegen an einem sonnigen und trockenen und nach Süden gerichteten Hang oberhalb von Großstübing, ist dieses einstige Anwesen heute im Besitz eines Großstübinger Landwirtes, der seinerseits jedoch mit den am ehemaligen Hof lebenden Menschen nicht verwandt ist. Er erwarb dieses verwaiste Grundstück und nutzt seither die wunderschönen freien Flächen als Weideland für seine Tiere.

Reste der Grundmauern des ehemaligen Gehöftes Hork, Großstübing, Steiermark.

 

Der Name Hork oder früher auch Harki, soll sich nach den Recherchen des einstigen Pfarrers von Großstübing und Ordensbruders des Zisterzienserstiftes Rein Mag. Johann Brandtner vom Wort Hark ableiten, was so viel wie Moor bedeutet, gibt es tatsächlich nur 100 Meter vom Wohnhaus entfernt einen sumpfigen Graben oder Taleinschnitt. Leider ist diese Namensherleitung nicht zur Gänze nachvollziehbar.

 

Sumpfiger Taleinschnitt 100 Meter südlich des Gehöftes.

 

Als Baumaterial für die Fundamente und die Grundmauern des Wohnhauses wurde ein, in der Umgebung häufig auftretender, hellbrauner Karbonatschiefer verwendet, der ebenso im darunter liegenden Bergbau zu beobachten ist. Karbonatschiefer sind durch Gebirgskräfte umgewandelte Gesteine wie Kalke und Dolomite. Diese Karbonatschiefer zeigen im Gegensatz zu massiven Kalken, wie beispielsweise dem Schöckelkalk, wesentlich weniger Widerstandsfähigkeit, was dazu führen kann, dass bauliche Strukturen aus Karbonatschiefern wesentlich früher verfallen. Ein Gebäude aus Kalk, würde heute vermutlich noch stehen.

 

Fenster an der Südseite des Gehöftes.

 

Bemerkenswert ist, dass die Mauern des Wohnhauses genau nach den 4 Himmelsrichtungen ausgerichtet sind und dass die südlichen Mauerteile noch einigermaßen gut erhalten sind, wogegen die Nordseite, wie auch die Ostseite des Gebäudes zur Gänze zusammengebrochen sind. Das Gebäude hatte eine Dimension von 8 mal 9 Metern, wurde aus diesen hellen Karbonatschiefern gebaut und das linke Fenster an der Südseite ist noch samt Fensterstock erhalten. Das Holz des Fensterstockes ist grau verwittert und im Holz stecken verrostete Nägel. Sie dürften maximal an die 70 Jahre alt und bereits maschinell gefertigt sein, vergleicht man ihre Ausführungen mit einem auf der Halde der Horkbaue gefunden geschmiedeten Nagel. Ein weiteres Fenster an der Westseite ist nur mehr durch seine Öffnung identifizierbar. Im südwestlichen Teil des Gebäudes dürfte sich die Stube befunden haben. Im Gebäude lässt sich eine Trennmauer erkennen, die die Stube nach Norden hin abgrenzte. Der Boden ist mit Mauerschutt bedeckt und zur Gänze mit dornigen Gewächsen überwuchert.

 

Reste eines Fensters an der Westfront des Hauses. Als Fenstersturz diente hier ein Baumstamm oder massiver Ast.

 

Südöstlich des Wohngebäudes stand ein langes und schmales Wirtschaftsgebäude, von dem heute im Gelände nur mehr sehr wenig zu erkennen ist. Nordöstlich des Wohnhauses zeigt sich auf der ALS-Karte eine fast quadratische ebene Fläche. Hier könnte es sich um eine hölzerne Stallung oder um einen Garten gehandelt haben.

 

Die ehemaligen Grundmaueren des Wohnhauses und der Wirtschaftsgebäude sind auf der ALS-Karte sehr gut zu erkennen.

 

Das Gehöft Hork findet sich im Franziszeischen Kataster des frühen 19. Jahrhunderts.

 

Die Ost- und Nordseite der Ruine des Wohnhauses des Gehöftes Hork.

 

Die Wohnhaus-Ruine des Gehöftes Hork. Mittig links dahinter das in sich zusammen gefallene Wirtschftsgebäude.

 

Bis zum Jahr 1848 war das Stift Rein die Grundherrschaft oder „Gült“ und aus dem Urbar mit der Nummer 546 des Amtes Großstübing geht hervor, dass sich seine Besitzer bis in das Jahr 1375 zurückverfolgen lassen. Interessant sind die Abgaben, die beispielsweise 1535 zu leisten waren und unter anderem 1 Achtel des Silberberger Maßes Weizen, 4 Viertel Korn, und 4 Viertel Hafer beinhalteten, hatten wir doch in Mitteleuropa genau zu dieser Zeit eine starke Warmperiode, die es erlaubte auch in heute rauen Gegenden Getreide anzubauen.

 

Eintrag Nummer 6 aus dem Taufbuch aus dem Jahr 1889 der Pfarre Großstübing. Petrus Benedikt stirbt 12 Tage nach seiner Geburt am Gehöft Hork (Hausnummer 28). Auch die anderen beiden Einträge zeugen von früher Kindersterblichkeit.

 

Dass das Leben früher auf solchen Höfen hart gewesen ist, zeigen Aufzeichnungen aus dem 19. Jahrhundert direkt aus den Matriken der 1788 gegründeten Kaplanei und späteren Pfarre Großstübing. Die Bewohner des Hofes mussten beispielsweise für den Kirchgang oder die Taufe eines Kindes eine Strecke von 2 Kilometern und 200 Höhenmetern pro Richtung bewältigen, was vor allem für Neugeborene in den Wintermonaten kritisch werden konnte, da ihnen Kälte und fehlende Flüssigkeitsaufnahme zum Verhängnis wurden. So starb beispielsweise der kleine Petrus (Peter) Benedikt, unehelicher Sohn einer Dienstmagd am Gehöft Hork nur 12 Tage nach seiner Geburt am 23. Februar 1889, ein Todesfall, der sich auf vielen Höfen zu dieser Zeit ereignete. Aber nicht nur Kinder starben sehr früh, auch viele Erwachsene erreichten oft kein höheres Alter.

 

Die am Gehöft Hork lebende Juliana Jantscher stirbt mit nur 34 Jahren an Lungentuberkulose.

 

Eine der Voraussetzungen für das Lesen dieser alten Kirchen-Matriken, ist die Kenntnis der Kurrentschrift, die über Jahrhunderte hinweg in unserer Heimat gebräuchlich war. Je nach Pfarrer, waren deren Handschriften einmal besser, dann wieder schlechter lesbar, wobei die Handschrift von Pater Camillus Jerzabek zu den deutlichen Handschriften gehört. Er schreibt hier über die Verstorbene: „Juliana Jantscher, Taglöhnerweib, Eheweib ihres hinterlassenen Witwers Jacob mit dem sie seit 13. Aprill 1899 verehelicht war.“ Aus dem Trauungsbuch der Pfarre Großstübing vom 13. April 1899 wissen wir, dass sie mit Mädchennamen Hauswirth geheißen hat, Tochter eines Zimmermanns war und in der heute nicht mehr bestehenden Brandner-Keusche aufgewachsen ist.

 

Auszug aus dem Trauungsbuch der Pfarre Großstübing: der Bergarbeiter Franz Gössler wohnte am Gehöft Hork.

 

Auf den Höfen rund um Großstübing und so auch am Gehöft Hork lebten nicht nur die Familien der Bauern und deren Mägde und Knechte, sondern auch Kostgänger. Franz Gössler dürfte so ein Kostgänger gewesen sein, arbeitete er in einem der beiden zu dieser Zeit betriebenen Bergbaue von Großstübing. Dies verrät uns das Trauungsbuch vom 3. September 1922, als er Maria Amschl aus Gaisthal ehelichte. Das eher kleine Wohngebäude und das längliche Wirtschaftsgebäude des Hofes lassen vermuten, dass die Menschen auf engsten Raum leben mussten. Aber auf Grund der Nähe zu einem der beiden Bergbaue war das Gehöft Hork für den Bergarbeiter Franz Gössler ein optimaler Wohnort.

 

Der heute sehr selteme Holzapfelbaum.

 

Nach Aussagen eines Zeitzeugen gab bei den Ruinen des ehemaligen Gehöftes einen alten Zwetschgenbaum, der im Herbst nicht blaue, sondern gelbe Früchte trug. Botanisch korrekt als „Gelber Spänling“ oder auch „Gelber Spilling“ (prunus domestica subsp. pomariorum) bezeichnet, ist diese Zwetschgenart mit dem „Kriecherl“ verwand und fand sich vor allem früher auf vielen Bauernhöfen in der Steiermark und in Kärnten. Leider gibt es diesen Baum nicht mehr, dafür finden sich heute noch 2 alte Holzapfelbäume (malus sylvestris). Die Früchte dieses Baumes, der auch als Europäischer Wildapfel bezeichnet wird, wurden früher entweder gedörrt oder auch gekocht gegessen, oder es wurde aus ihnen das Holzapfelbier hergestellt.

 

Literatur und Quellen:

BRANDTNER, Johann: Historisches Häuserverzeichnis von Großstübing, Eigenverlag Brandtner, Stift Rein, 2010

MATRICULA ONLINE, Pfarre Stübing, Taufbuch 4 1866-1907, Seite 111

MATRICULA ONLINE, Pfarre Stübing, Sterbebuch 2 1860-1905, Seite 177

MATRICULA ONLINE, Pfarre Stübing, Trauungsbuch 3 1891-1938, Seite 77

 

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