Als am 2. September 31 v. Chr. der spätere römische Kaiser Augustus in der Seeschlacht vor der Küste bei Actium die Flotte seines Widersachers Marc Anton und dessen Geliebte, der ägyptischen Pharaonin Kleopatra VII., vernichtend geschlagen hatte, ließ er an der Stelle des Sieges die Stadt Nicopolis erbauen. Gelegen in der heutigen Provinz Epirus an den südlichen Ausläufern des Pindos-Gebirges, war Nicopolis nicht nur eine Stadt des Sieges, sondern hatte auch strategische Bedeutung, kontrollierte es den Seeweg im Ionischen Meer, sowie auch den Landweg nach Dalmatien.

 

Römisches Theater von Nicopolis.

 

In seiner Zeit der Hochblüte lebten Berichten zu Folge bis zu 100.000 Menschen in Nicopolis, was ein enormes Problem mit der Wasserversorgung zur Folge hatte. So entschloss man sich etwas mehr als 100 Jahre nach der Gründung der Stadt eine Wasserleitung zu bauen, die über einer Strecke von 70 Kilometern Frischwasser aus den nördlich von Nicopolis gelegenen Bergen in die Stadt liefern sollte. Dazu bedienten sich die Römer einer massiven Quelle nahe des heutigen Dorfes Aghios Georgios in den Ausläufern des Pindos-Gebirges. Und vor etlichen Jahren entdeckte man bei Renovierungsarbeiten unter der Kirche dieses Dorfes nicht nur das Sammelbecken des Aquädukts, sondern auch eine Reihe von Kanälen, die das Frischwasser ableiteten.

 

Kanal, der das Wasser zur den Aquädukten leitete.

 

Das touristische, aber bei uns unbekannte Highlight des Dorfes Aghios Georgios sind 2 sehr gut erhalten gebliebene römische Aquädukte. Eines der beiden Aquädukte, das nördliche, wurde unter Kaiser Nero begonnen und unter Kaiser Hadrian fertig gestellt. Von ihm sind allerdings nur mehr einige Pfeiler vorhanden, gab es bereits zur Zeit des Baus statische Schwierigkeiten. Das zweite, südliche Aquädukt wurde vermutlich im 3. Jahrhundert gebaut und ist heute noch sehr gut erhalten.

 

Aquädukte von Aghios Georgios: rechts vorne Pfeiler des nördlichen Aquädukts, dahinter südliche Aquäduktreihe.

 

Südliche Aquäduktreihe von Aghios Georgios.

 

Blick von Süden auf die südliche Aquäduktreihe von Aghios Georgios.

 

Folgt man vom Beginn der römischen Wasserleitung in Aghios Georgios dem ehemaligen Weg des Wassers für 3 Kilometer in südliche Richtung, erreicht man einen von den Römern in den Felsen geschlagenen Wasserstollen. Dieser Wasserstollen durchquert an dieser Stelle ein Gebiet mit rotem Lehmboden mit dem Namen Kokkinopilos, was so viel wie „roter Lehm“ bedeutet. Der Stollen mit seinem Gefälle von 1 Promille hatte eine Länge von 750 Metern und war handgeschrämt. Er ist heute leider für die Allgemeinheit verschlossen, dürfte aber auch nur wenige Meter fahrbar sein. Der Ort, an der das Wasser wieder an die Oberfläche austrat, ist leider nicht mehr feststellbar.

Römischer Wasserstollen bei Kokkinopilos.

 

Die rote Landschaft von Kokkinopilos.

 

Die rote Landschaft von Kokkinopilos.

 

Die römische Wasserleitung erreichte nach 70 Kilometern die Stadt Nicopolis, wobei die Wasserleitung ein konstantes Gefälle zwischen 1 und 2 Promille auf dieser Strecke aufweist. Eine technische Meisterleistung, geschaffen mit den einfachsten Hilfsmitteln.

Von der ursprünglich römischen Stadt von Nicopolis sind heute nur mehr wenige Gebäudeteile erhalten, wobei die meisten baulichen Relikte verwildert sind und der lokalen Bevölkerung als Mülldeponie dienen oder dienten. Heute gibt es jedoch Bestrebungen die einstigen römischen Gebäude wieder von Unrat zu befreien und zu restaurieren. Eines dieser Gebäude ist das Odeon, ein römisches Theater, das überdacht gewesen ist.

Das sehr neu restaurierte Odeon von Nicolpolis.

 

Römischer Beton.

 

Odeon von Nicolpolis.

 

Der äußere Korridor des Odeons.

 

Unterhalb der Tribüne.

 

Mit dem Niedergang des römischen Reiches und dem Einfall der „Barbaren“, wie zuerst die Heruler, später die Westgoten, die Ostgoten und die Vandalen wurden viele Teile der Stadt zerstört. Nicolopis wurde jedoch zur Zeit des Reiches Byzanz wieder aufgebaut, wenn auch wesentlich kleiner als zur römischen Zeit. Davor zeugen heute noch die bestehende Stadtmauer und die Grundmauern einzelner Kirchen.

 

Stadtmauer von Nicopolis aus byzantischer Zeit.

 

West-Tor der byzantinischen Stadt von Nicopolis von Westen gesehen.

 

Stadtmauer von Nicopolis aus byzantischer Zeit.

 

Literatur:

ZACHOS, Konstantinos: An Archaeological Guide to Nicopolis, Ministry of Culture & Sports, Athen, 2015, ISBN 978-618-82225-0-2

 

 

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